Lettengeschwätz

Lettengeschwätz

Woher kommt ...?  Lettengeschwätz, Lettegeschwätz, "Läddågschwätz 

Ist der Preuße Wilhelm-Adolf Lette (1799-1868) der Namensgeber ?

Was bedeutet der, auch außerhalb „The Länd“ geläufige, urschwäbische Begriff Lettengeschwätz, Lettegeschwätz, "Läddågschwätz"?  "Des isch wieder a richtigs Leddagschwätz!" Das weiß mittlerweile ganz Groß-Deutschland. „Saudomm rausschwätza“ meint ein Fritz Wolter auf der Website unter des Schwabendudens „Schwäbisches Wörterbuch“.         http://schwaebisches-woerterbuch.de/default.asp?q=L%E4ddagschw%E4tz

 

Es selbst nicht, so ganz genau, zu wissen, glaubte es wohl 2010, der 2021 verstorbene Roland Groner, ehemaliger Schulleiter aus Balingen, langjähriger Autor der Mundartkolumne „Auf gut Schwäbisch“ in der Tageszeitung „STUTTGARTER NACHRICHTEN“.

Legte er doch dem Ehemann der Heide Schneck, die wissen möchte, woher der Begriff  "Leddagschwätz" stamme, dessen Erklärung in den Mund.

"Von Ledda, des isch a Boda, der nichts hergibt", so der Ehemann.

Und dann schwadroniert der Dialektsprecher und Dialektschreiber selbst, der Hobby-Journalist Roland Groner, der diese 2009 gestartete und täglich erscheinende „Auf gut Schwäbisch“-Spalte fast ein Jahrzehnt lang mitgeprägt hatte:

„Er hat recht: Unter einem Läddagschwätz versteht man eine dumme, nichtssagende Äußerung, wobei das Wort "Geschwätz" diesen negativen Anstrich nicht von vorneherein vermittelt. Der Begriff "Geschwätz" hat ursprünglich eine große Bandbreite in seiner Bedeutung: das reicht von Gespräch, über Plauderei bis zum inhaltslosen Gerede bzw. Klatsch. Den eigentlichen abwertenden Nebensinn erhält das Läddagschwätz vom ersten Wortbestandteil. Lädda, zu Deutsch Letten, ist ein geringwertiger Boden, in seiner Geringschätzung wird er nur noch von Dreck übertroffen. Insofern bedeutet ein Läddagschwätz so viel wie "ann Dräck rausschwätza". https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.dialekt-was-bedeutet-laedd-gschwaetz.f254bd71-4073-4075-b2d1-7d0fa30f2d4b.html

 

Im Artikel "Lettengeschwätz" vom 19. Juni 2004 in der Zeitung „STIMME“ (HEILBRONNER STIMME) im Zusammenhang vor dem Europaländerspiel Lettland-Deutschland im Estadio do Bessa, Porto, Portugal mit dem späteren Ausgang von 0:0  sieht der eher im südrheinfränkisch und nicht schwäbischen Dialekt verwohnhaftete Ex-Pfarrer Hermann Söhner, aus 74199 Untergruppenbach, gar eine Verächtlichmachung.

„Wahrscheinlich sind die Wortspiele zum Begriff "Letten" als humorvoller Beitrag vor dem Länderspiel geschrieben worden. Wer jedoch zum Volk der Letten nicht viel mehr als kuriose "Lettengeschwätz"-Einfälle assoziiert, muss damit rechnen, dass solche Spitzen sich gegen die Autorin selbst kehren. Es wäre fair gewesen, wenigstens den Unterschied zwischen Lettenkeuperboden und dem baltischen Stamm der Letten (Latvia) anzumerken. Über das tapfere Volk der Letten, das trotz jahrhundertelanger Fremdherrschaft ein beispielhaftes Nationalbewusstsein bewahrt hat, gäbe es schon wichtigere Anmerkungen zu machen als diese Wortspiele, die peinliche Erinnerungen an die Zeit der Diffamierungen osteuropäischer Völker vor 70 Jahren wachrufen.

…so echauffierte sich der zwischenzeitlich verstorbene Gottesmann am 24. Juni 2004 in der HEILBRONNER STIMME. https://www.stimme.de/archiv/stadt-hn/sonstige-unfairer-beitrag-art-347458

 

Hilfreich, wie nahezu immer, ist wikitionary in Bezug auf die Erde "Letten"

Der „Letten“ stammt aus der Umgangssprache und hat die Bedeutung‚ unbrauchbares Gestein‘ (zumeist handelt es sich dabei um Tone) bis hin zu oberdeutsch dialektal lebend allgemein‚ feucht-schlammiger Boden, lehmiger Matsch. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. beispielsweise lehnt die ihm 1849 angebotene Erbkaiserwürde mit der Bemerkung ab, diese sei nur „aus Dreck und Letten“ gebacken.

Wortbildungen kennt WIKI, aber es bestünden noch keine Beiträge dazu: Lettenboden, Lettengeschwätz, lettig  https://de.wiktionary.org/wiki/Letten

 

Und eine Astrid S. meint im Kommentar der WELT zu einem Interview von„Virologe Dr. Hendrik Streek:

"Wir können nach fast allem süchtig werden" Das ist ja - wieder mal! - ein totales "Lettengeschwätz*, das an Stammtischniveau erinnert, des ach so angesehenen Virologen und Mediziners Dr. Hendrik Streek! Dieses Stammtischniveau erwidere ich und sage daraufhin: "Wir können auch alle unsere Süchte wieder los werden und sie gar nicht erst bekommen! - Durch eine entsprechende und angemessene Lebensführung!" *Letten: der: Ton, Lehm; bayr. österr., ugs. für Schlamm

Gezeichnet: Astrid S., 1. Januar 2023       https://www.welt.de/242931581#/comment/246927917

https://www.welt.de/gesundheit/article242931581/Hendrik-Streeck-Wir-koennen-nach-fast-allem-suechtig-werden.html


Die Zeitschrift Capital schreibt zu Mietspiegel und Immobilienpreise von Stuttgart „Der sachkundige Stuttgarter bezeichnet diese Zuschreibungen als „Lettengeschwätz“ (für alle Nicht-Schwaben: dummes Gerede capital.de/immobilien-kompass/stuttgart).

 

"LETTENGESCHWÄTZ" IM LANDTAG BADEN-WÜRTEMBERG

Selbst in der hohen Politik, im Landtag Baden-Würtemberg, unter  Aktuelle Debatte – Acht Jahre grünes Umweltministerium – wenn das Volk aufbegehren muss – beantragt von der Fraktion der SPD, ging es, für den Kenner nicht unüblich, ohne tieferes Verständnis für die Herkunft des verwendeten Begriffes „Lettengeschwätz“ am 26.06.2019, mutmaßlich auf hochdeutsch, argumentativ auf hohem Niveau zur Sache …

Abg. Dr. Friedrich Fiechtner (fraktionslos) Die mantrahafte Behauptung, Bio oder Öko sei besser oder gar gesünder, ist schlicht falsch und durch keine Fakten belegt.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: So ein saudummes Lettengeschwätz!)

Die Betonung auf Regionalität ist verbraucherfeindlich und

feindlich gegenüber allen Produzenten in Drittweltländern,

die gar nichts anderes zu liefern haben.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Saudummes Lettengeschwätz!)

Der Verbraucher entscheidet schließlich nach Geschmack,

Preis und vielleicht auch Ideologie.

(Unruhe)

https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Plp/16_0094_26062019.pdf

 

Welche Unruhe würde im Hohen Hause auftreten, wenn zu beweisen wäre, woher das „Läddagschwätz“ wirklich herrühren könnte.

Würden die BÜNDNISGRÜNEN und andere „fortschrittliche“ Parteigänger, wenn es sich bei „Lette“ nicht um „tauben Boden“ oder einen Ostseeanrainer, sondern um einen realen Namensgeber handeln würde, die Ideen und das „Geschwätz“ eines Herrn Lette heutzutage als „saudomm“ bezeichnen?

 

DIE HERKUNFT VON

Lettengeschwätz, Lettegeschwätz, "Läddågschwätz   ... IST ?

 

In Mannheim auf dem Almenhof groß geworden, in einem Viertel, wo die Straßen nach Politikern benannt sind, wie Steuben, Trützschler, Brentano und sogar  Karl Marx, gibt es auch eine Lette-Straße, mit dem Hinweis: preußischer Parlamentarier 1799-1868. https://www.marchivum.de/de/strassennamen/lettestrasse

 

Jahre später, in THE LÄND wohnhaft, erklärte mir ein sprachkundlich interessierter und historisch-politisch sehr versierter, schwäbisch sprechender alter Oberlehrer, dass das „Lettegeschwätz“ auf einen preußischen Reichstagsabgeordneten mit Ideen zu Gleichberechtigung und Förderung der Frauenarbeit und Bildung herrühre. Diese habe in, in einer sich fortschrittlich fühlende Minderheitsgruppierung, die Mehrheitspolitik von Bismarck bekämpft.

Dieser Opportunist, Lette, schwang große Reden, verfasste Pamphlete, setzte sich für die Mädchen und Frauenbildung ein.  (lehnte aber die politische Emanzipation der Frauen ab, da politische Tätigkeit von Frauen zu jener Zeit in Preußen verboten war.) Also einer mit fast umstürzerischen Intentionen.

In der "Denkschrift über die Eröffnung neuer und die Verbesserung der bisherigen Erwerbsquellen für das weibliche Geschlecht" hatte Lette dies in Preußen, bezüglich der Frauenpolitik, zusammengefasst:

„Was wir nicht wollen und niemals, auch nicht in noch so fernen Jahrhunderten wünschen und bezwecken, ist die politische Emanzipation und Gleichberechtigung der Frauen. Wenn sogar der berühmte englische Nationalökonom John Stuart Mill das aktive und passive Wahlrecht, die Vertretung und Teilnahme an politischen Versammlungen zu vindizieren geneigt ist, so befindet er sich dabei im Widerspruch, wie mit den tausendjährigen Einrichtungen aller Staaten und Völker, so auch mit der Natur und Bestimmung des Weibes und mit den ewigen Gesetzen der göttlichen Weltordnung.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Adolf_Lette

 

Ist es einem Schwaben, noch gebürtig aus dem vorletzten Jahrhundert, zu verdenken, dass er, wie mein damaliger Oberlehrer, diesgeartete Reden, schwäbisch kurz und bündig, als „Lettegeschwätz“ bezeichnete und damit den Sprachgebrauch dieser Zeit, in 'Schwaben vor 1900, überlieferte?

Bedauerlich ist, dass die ursprüngliche Herkunft von Lettegeschwätz bisher weder zur STUTTGARTER ZEITUNG, noch dem Schwäbischen Wörterbuch, noch zu WIKIPAEDIA vorgedrungen ist.